von links: Dr. Torsten Moritz, Elke Tießler-Marenda, Prälat Peter Kossen. Foto: DiCV Hildesheim
Hildesheim/Duderstadt. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeige, dass es nicht viel nütze, die Begriffe zu vermischen, so Tießler-Marenda. Tatsächlich sei die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland in den letzten 20 Jahren "von ganz wenig zu ganz viel, besonders im Jahr 2015, gestiegen". Was Deutschland für 890.000 Asylsuchende leiste sei jedoch "machbar", verglichen mit kleinen Ländern wie etwa dem Libanon, die ungefähr die gleiche Zahl an Flüchtlingen aufgenommen haben.
Die mediale Aufmerksamkeit gelte vor allem den Flüchtlingen. Dass Deutschland im Jahr 2016 624.000 Migranten aus EU-Ländern aufgenommen habe und diese Zahl höher sei als die der Asylsuchenden in 2016, gerate dabei ebenso aus dem Blickfeld wie die Möglichkeit geregelter Einwanderung. "Wir haben Regeln für Fachkräfte. Was wir wenig haben, sind Möglichkeiten für Geringqualifizierte, die Deutschland ebenso benötigt", sagte die Referentin. "Legale Arbeitsmigration nimmt Druck aus dem Asylsystem."
Migration und Schutzgewährung dürften nicht vermischt werden. Zu Migration könne es politische Regeln geben, Flüchtlingsschutz dagegen sei nicht verhandelbar: "Es gibt keine Obergrenze, und faire Verfahren müssen sicher gestellt werden. Auch einen illegal eingereisten Flüchtling kann man nicht einfach zurückschicken." Tießler-Marenda warb für die Gestaltung von Migration durch temporär geöffnete Zugänge, Arbeitsmigration nicht nur für Fachkräfte und konsequente Ermöglichung von Familienzusammenführung.
Dies unterstrich Dr. Torsten Moritz von der Brüsseler Churches‘ Commission for Migrants in Europe (CCME). "Es herrscht zur Zeit ein raues Klima, aber wir dürfen als Kirche und Caritas nicht aufhören, mutige Vorschläge zu machen, weil das bestehende System inhuman ist." Moritz führte aus, dass das Asylrecht in Europa zunehmend in Drittländer verlagert werde, um möglichst viele Menschen auszuschließen und zu bestrafen. "Die Aufhebung der Visapflicht für Menschen aus Krisengebieten böte dagegen die Chance, das Sterben im Mittelmeer zu beenden und Schleusern das Handwerk zu legen", so sein Lösungsansatz.
Prälat Peter Kossen, Pfarrer in Lengerich, berichtete über den Missbrauch von Werksverträgen anhand von Beispielen aus Südoldenburg. "Was ist uns gute Arbeit wert?" fragte Kossen und wandte sich mit klaren Worten gegen ein System ausgehebelter Arbeitnehmerrechte. "Es darf keine Subkulturen und rechtsfreien Räume geben, in denen Arbeitnehmer betrogen, gedemütigt und systematisch ausgebeutet werden." Eindringlich beschrieb Kossen Unterkünfte mit 70 Namen an der Tür, 15 Personen in einem Schlafraum mit einer Raumhöhe, die kein aufrechtes Stehen ermögliche. Kossens Forderung: "Werte und Rechte sind der Kit der Gesellschaft und nicht ihr Sprengstoff, wenn sie für alle gelten." Jede Verrohung der Wirtschaft bringe dagegen nur kurzfristigen Erfolg. "Sozial ist, was gute Arbeit schafft!", so der Geistliche.
Die jährliche Caritas-Migrationsfachtagung Nord-Ost fand vom 7.-9. März 2017 in der Kolping Tagungsstätte in Duderstadt statt. Eingeladen waren Beraterinnen und Berater der Caritas aus dem Arbeitsbereich Migration und Integration aus 10 Diözesen.
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Hedwig Mehring
Referentin für Migration und Integration
Caritasverband für die Diözese Hildesheim
Telefon 05121 938160
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