"Dieses Thema braucht unsere volle Aufmerksamkeit", sagt Birgit Eckhardt, Vorsitzende der LAG FW. "Häusliche Gewalt ist und bleibt ein großes Problem und das darf unsere Gesellschaft nicht dulden." Die Wohlfahrtsverbände, die in der LAG FW zusammengeschlossen sind, fordern einen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe bei Gewalt sowie eine ausreichende, verlässliche und einzelfallunabhängige Finanzierung der Schutz- und Beratungseinrichtungen.
Der Bericht mache klar, dass Gewalt gegen Frauen ein strukturelles und gesellschaftsweites Problem sei. Frauen erlebten körperliche, sexualisierte und psychische Gewalt, dies überwiegend durch ihren Partner oder Ex-Partner. Jede vierte Frau in Deutschland sei von Gewalt betroffen, unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft, sozialer Gruppe und Bildungsstand. Oft leiden betroffene Frauen jahrelang, bevor sie Hilfe und Schutz suchen. Gemeinsam mit ihnen leiden häufig die eigenen Kinder.
Der vorliegende Bericht der LAG FW beinhaltet Daten und Fakten zur Entwicklung des Schutz- und Hilfesystems wie auch Statistiken zu Gewalt gegen Frauen. Er stellt die rechtlichen Grundlagen des Hilfesystems in Niedersachsen dar, benennt Probleme und Bedarfe und fasst die gegenwärtige politische Debatte zusammen. In den Handlungsempfehlungen benennt der Bericht dringend erforderliche Maßnahmen. Explizit wird die sogenannte Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt genannt, von Deutschland 2017 ratifiziert, jedoch noch nicht genügend umgesetzt.
43 Frauenhäuser, drei Mädchenhäuser, 46 Gewaltberatungsstellen, 29 Beratungs- und Interventionsstellen (BISS) gegen Gewalt und im Projekt Pro Beweis 40 Krankenhäuser im Netzwerk bestehen in Trägerschaft der LAG FW in Niedersachsen. Der weitere Ausbau von Frauenhäusern bzw. Plätzen sei geplant, so Eckardt. Frauenhäuser böten eine sichere Anlaufstelle. Sie seien einst aus der Eigeninitiative engagierter Frauen entstanden und heute, wie auch die Fachberatungsstellen, als elementarer Bestandteil der Betroffenenhilfe nicht mehr wegzudenken. Eckardt: "Obwohl die Frauenhäuser seit mehr als 40 Jahren unverzichtbare Hilfe leisten und gebraucht werden, gibt es keine angemessenen Rahmenbedingungen für dieses Hilfesystem. Die Finanzierung der Schutz- und Hilfeeinrichtungen gleicht einem bunten Flickenteppich, der weder ausreichend noch verlässlich ist, der vielen betroffenen Frauen ausschließt und Opfer häuslicher Gewalt an den Kosten für ihren Schutz beteiligt, die Gewalt also zu einem individuellen, persönlichen Problem macht. Das muss sich dringend ändern!"
Angela Westermann, Referentin für Schwangerenberatung beim Caritasverband für die Diözese Hildesheim, ergänzt: "Signifikant taucht das Thema Gewalt gegen Frauen auch in der Schwangerenberatung sowie in der Allgemeinen Sozialberatung auf. Vorschläge und Forderungen der LAG FW sind absolut fundiert und gehören dringend umgesetzt."
Lesen Sie ein Interview zum Thema mit Maria Neeman
Diplom-Sozialpädagogin, Frauen- und Kinderschutzhaus in Vechta