Hildesheim, 04.12.2024. Die Auswertung der Stichtagserhebung der Allgemeinen Sozialberatung (ASB) durch die Caritas zeigt ein neues, dringendes Problem: immer mehr junge Menschen sind digital abgehängt. Wenn im Rahmen der Digitalisierung von Behörden und Hilfsangeboten analoge Möglichkeiten von Beratung und Beantragung komplett wegfallen, stehen sie dieser Gruppe von Menschen in Not nicht mehr zur Verfügung.
"Wer keinen Scanner auf seinem alten Handy hat, kann seinen Ausweis nicht einscannen. Wer kein Geld hat, um nach Diebstahl sein Smartphone zu ersetzen, der kann nicht die passenden Ansprechpartner bei drohender Obdachlosigkeit finden. Wer mit Online-Tools nicht umgehen kann, kann keine Formulare digital ausfüllen”. Das sind einige Beispiele, die Antje Braun aufzählt, Referentin für Allgemeine Sozialberatung im Caritasverband für die Diözese Hildesheim. Von den knapp 2.295 Menschen, die sich am 26. September 2024 bundesweit an die Beratungsstellen der ASB gewandt haben und in der Statistik erfasst wurden, waren 198 aus dem Bistum Hildesheim. Zwischen Nordsee und Harz hatten dabei 42,6 Prozent digitale Probleme. Braun: "Für diese Gruppe ist die digitale Welt oft unerreichbar."
Besonders erschreckend ist für die Caritas-Fachfrau die Unkenntnis der jüngeren Hilfesuchenden. "Wir haben über 20 Prozent aus der Altersgruppe der bis 29jährigen beraten, auch bei ihnen stehen Probleme bei der Ausstattung mit digitaler Technik und mangelndes Verständnis im Umgang mit digitalen Angeboten im Vordergrund vieler Beratungen." Damit decken sich die Erkenntnisse mit den Ergebnissen der inter-nationalen ICILS-Vergleichsstudie 2023, in der es um Computer- und informations-bezogene Kompetenzen geht. Ein Drittel der Achtklässler hat demnach wenig digitale Kenntnisse. Die Jugendlichen können kaum mehr als Wischen und Klicken. Hintergrund sei die eklatante Bildungsungleichheit beim Erwerb digitaler Kompetenzen, so die Verfasser:innen der Studie. Nur bei Gymnast:innen seien weitergehende Kenntnisse vorhanden.
"Das ist ein riesiges Problem", sagt Antje Braun. "Wer sich digital nicht auskennt, fällt viel schneller auf unseriöse Online-Angebote herein und verschuldet sich dann. Wer keine guten digitalen Kenntnisse und Möglichkeiten hat, verliert schnell den gesellschaftlichen und beruflichen Anschluss. Wir müssen jungen Menschen digitales Wissen und digitale Ausstattung vermitteln. Und vor allem für die Älteren müssen wir analoge Angebote offenhalten. Sonst riskieren wir viele, die arm, analog und abgehängt sind und möglicherweise extrem wählen."