(v.l.) Dr. Anna Gösling, Natalya Draeger und Hanna Delling (beide von KlaRissa) vor dem Eingang von KlaRissaCaritas Braunschweig
Aufbauend, Halt gebend, motivierend und in allen Lebenslagen unterstützend - das ist KlaRissa. Die Caritas Braunschweig begrüßt Prostituierte und Sexarbeiterinnen und deren Angehörige in der Anlaufstelle Leopoldstraße 5, in unmittelbarer Nähe der Bruchstraße. Das Angebot wird stetig erweitert. Durch ehrenamtliche Unterstützung sind nun auch ärztliche Untersuchungen vor Ort möglich.
Gerade in der Corona-Pandemie wurde in der Stadt noch einmal deutlich, dass die Menschen in der Bruchstraße besondere Unterstützung brauchen. Sie konnten nicht arbeiten, waren völlig mittellos und es fehlten konkrete Hilfen und Ansprechpersonen. Wegen des großen Engagements verschiedener Ehrenamtlicher, wurde durch den Rat der Stadt beschlossen, eine Anlaufstelle für Prostituierte und Sexarbeiterinnen einzurichten. Der Caritasverband Braunschweig ist Träger der Einrichtung "KlaRissa", die von der Stadt Braunschweig finanziert wird.
"Als Wohlfahrtsverband, ist es uns wichtig, Menschen in vielfältiger Weise zu unterstützen, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft, Lebenssituation, ihres Alters, ihrer Weltanschauung oder ihrer Konfession. Deshalb sind wir froh, dass wir als Träger der Anlaufstelle vor Ort direkte und unkomplizierte Hilfe bieten können", so Dr. Marcus Kröckel, Vorstand der Caritas Braunschweig.
Das offene Angebot beinhaltet einen freundlich ausgestatteten Café-Bereich mit einer kleinen Küche, gemütlichen Sitzgelegenheit für ein warmes Getränk und ein offenes Ohr. Außerdem gibt es einen PC-Raum mit Internetzugang, Drucker und Scanner/Kopierer, kostenfreies WLAN, Waschmaschine und eine Dusche. Dazu bietet KlaRissa Beratungsgespräche in verschiedenen Sprachen, die Begleitung zu Terminen und Behördengängen, Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen und Anträgen und neuerdings auch eine ärztliche Untersuchung vor Ort.
Gemeinsam noch stärker
"Wir konnten hier bei uns ein Behandlungszimmer einrichten, alle vier Wochen haben wir einen Allgemeinmediziner und eine Gynäkologin bei uns, die sich um die Anliegen der Klienten kümmern. Eigentlich hat niemand eine Krankenversicherung und viele sind in einem schlechten Allgemeinzustand, deshalb ist das enorm wichtig für uns und wir sind dankbar für die ehrenamtliche Hilfe, die durch die Malteser Braunschweig organisiert wurde", so Dr. Kröckel.
Dr. Dieter Daunert ist als Allgemeinmediziner vor Ort, Dr. Anna Gösling als Gynäkologin. Dr. Gösling ist bei KlaRissa eingestiegen, um den Menschen vor Ort zu helfen: "Uns geht es so gut, wir haben so viele Privilegien und da meine Kinder jetzt schon größer sind, habe ich etwas Zeit mich ehrenamtlich zu engagieren." Sie findet, dass man als Arzt oder Ärztin ruhig auch etwas ehrenamtliche Arbeit leisten könne. Auf den Aufruf der Malteser zur Unterstützung bei KlaRissa hatten sich tatsächlich nur sie und Dr. Daunert gemeldet. Umso dankbarer ist man vor Ort, dass die beiden ihren wertvollen Beitrag leisten. "Meistens kommen 5 bis 10 Frauen zu den offenen Sprechstunden", berichtet KlaRissa-Leitung Natalya Draeger. "Die Frauen sind enorm dankbar für das Angebot und es hat sich nach und nach etabliert, dass wir hier eine kostenfreie Untersuchung anbieten können", ergänzt sie. Den meisten Patientinnen sei es unmöglich einen Arzt zu googeln und dann einen Termin zu machen. Mit einem Erstkontakt vor Ort, könne man Vertrauen aufbauen und weitere Schritte einleiten. Die Termine gibt Draeger mit ihrem Team direkt an die Menschen in der Bruchstraße weiter.
Vom Alltag kaum zu unterscheiden
"Ich kümmere mich vor Ort größtenteils um akute Probleme oder darum Dinge abzuklären, die Arbeit unterscheidet sich fachlich nicht vom Praxisalltag, allein die Sprachbarriere kommt hinzu, deshalb sind Dolmetscher vor Ort unverzichtbar", weiß Dr. Gösling. In der Anlaufstelle sind der Arzt und die Gynäkologin mit allem ausgestattet, was sie für ihre Arbeit brauchen. Wenn es doch einmal komplexer werde, dann können sie die Patienten auch zu sich in die Praxis nehmen. "Solange wir einen Erstkontakt hergestellt haben und Vertrauen herrscht, können wir auf etwas aufbauen", so die Medizinerin.
Natalya Draeger und ihr Team leisten weiterhin Aufbauarbeit mit ihrer Einrichtung. "Wir wollen unser Angebot noch erweitern und z.B. einen Sprachkurs vor Ort anbieten. Ziel ist es, die Frauen zu stärken, ihnen so mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen und ihnen die Möglichkeit zu geben, stärker am sozialen Leben teilzunehmen." Der Treffpunkt soll als erste Anlaufstelle dienen und bei Problemen jeweils bedarfsgerecht und lösungsorientiert weitervermitteln oder begleiten.
Zum Hintergrund: Prostitution findet in der Stadt Braunschweig sowohl auf der Bruchstraße als auch in zahlreichen Wohnungen statt. Die Polizei schätzt, dass rund 300 - 350 Frauen an einem Freitagabend in Braunschweig arbeiten.
Text: Robert Braumann, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Caritasverband Braunschweig