Ist das Bürgergeld 2024 zu hoch?
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sagt, es gibt ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Der Gesetzgeber ist deshalb verpflichtet, "alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht und aufgrund verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen". Angesichts der deutlich gestiegenen Preise im letzten Jahr war das Bürgergeld nach geltendem Recht daher für 2024 auf 563 Euro für eine alleinstehende Person anzupassen. Das Bürgergeld ist nicht zu hoch.
Wer profitiert vom steigenden Bürgergeld?
Zunächst erhöht sich das Einkommen aller Bürgergeldempfänger. Dabei ist es egal ob sie arbeiten, wegen Kindererziehung oder Pflegeverantwortung oder Aus- und Weiterbildung nicht arbeiten können, ob sie krank oder arbeitslos sind.
Das Bürgergeld ist die Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Grundsicherung soll den Lebensunterhalt für alle sicherstellen. Im Bereich der Grundsicherung gibt es zwei Arten von Leistungen:
- Leistungen, die dabei helfen sollen, eine Arbeit zu bekommen.
- Leistungen, die den Lebensunterhalt sichern.
Auch Menschen, die nicht (mehr) arbeiten können und Leistungen vom Sozialamt bekommen, erhalten den steigenden Regelsatz genauso wie Bürgergeldempfänger.
Aber auch alle Bürger, die Lohn- bzw. Einkommensteuer zahlen, profitieren von dem erhöhten Existenzminimum. Der steuerliche Grundfreibetrag steigt 2024. Er berechnet sich aus dem neuen Regelsatz für eine alleinstehende Person von 563 Euro und einer pauschalen Warmmiete von 417 Euro für 12 Monate und wird damit 2024 auf 11.784 Euro erhöht. Bis zu diesem Jahreseinkommen müssen die knapp 43 Millionen steuerpflichtigen Bürger keine Steuern zahlen. Auch die Kinderfreibeträge basieren auf den Regelsätzen und steigen im Jahr 2024.
Lohnt sich Arbeit noch, wenn die Regelsätze steigen?
Wer arbeitet, hat immer mehr als diejenigen, die nur Bürgergeld beziehen.
Wer trotz Arbeit zu wenig Geld hat, kann mit Bürgergeld aufstocken und erhält einen Freibetrag auf sein Erwerbseinkommen. Dieser Freibetrag wurde mit dem Bürgergeld-Gesetz zum 1. Juli 2023 erhöht. Menschen, die arbeiten, haben damit bis zu 378 Euro mehr zur Verfügung als Menschen, die nicht arbeiten.
In vielen Fällen kann das Erwerbseinkommen durch Wohngeld und Kinderzuschlag ergänzt werden. Damit kann sich das Einkommen um mehrere hundert Euro erhöhen. Das heißt auch in diesem Fall lohnt es sich, weiter bezahlt zu arbeiten.
Arbeit ist zudem mehr als Broterwerb. Sie bringt Austausch, Anerkennung, Sinn - und später eine Rente. Wer arbeitet, hat ggf. auch die Chance auf Aufstieg und auf mehr Geld.
Was ist mit dem Lohnabstandsgebot?
Das Lohnabstandsgebot ist 2011 abgeschafft worden.
Grob gesagt bedeutete es: Eine Familie mit drei Kindern, in der ein Elternteil Vollzeit arbeitet, muss mit Kindergeld und Wohngeld mehr Einkommen haben als ein Haushalt, der Grundsicherungsleistungen bezieht, auch wenn der Elternteil in einer unteren Lohngruppe arbeitet.
Nun braucht eine Familie mit drei Kindern viel Geld. Wenn ein Paar drei Kinder im Alter von 10, 12 und 14 Jahren hat und eine Miete von 1.000 Euro zahlen muss, hat sie 2024 einen Gesamtbedarf von 3.263 Euro.
Bei Vollzeitarbeit zum Mindestlohn kann der Elternteil Erwerbseinkommen von 2.160 Euro brutto und 1.729 Euro netto verdienen. Kindergeld und Kinderzuschlag erhält die Familie dann in Höhe von 1.500 Euro. Lebt die Familie z. B. in Hannover, erhält sie zudem 791 Euro Wohngeld. Damit hat die Familie 4.020 Euro zur Verfügung. Ein Lohnabstandsgebot wäre also bei Bezug von Kinderzuschlag gewahrt. Die gleiche Familie mit Grundsicherung liegt damit nur bei 3263 Euro.
Übrigens: Den Kinderzuschlag können Familien mit 3 Kindern übrigens mit einem Einkommen von bis zu 5.100 Euro erhalten. Kindergeld erhalten Familien ohnehin unabhängig vom Einkommen.
Darf man seine Arbeit aufgeben, um Bürgergeld zu beziehen?
Der Grundsatz des Forderns gilt auch im Bürgergeld. Wer arbeiten kann, muss alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit nutzen und aktiv an allen Maßnahmen zu seiner Eingliederung in Arbeit mitwirken. Tut er das nicht, können die Leistungen gemindert, sprich gekürzt, werden. Wer seine Arbeit ohne wichtigen Grund aufgibt, handelt "sozialwidrig" und kann zum Ersatz der deswegen erbrachten Leistungen verpflichtet sein. Die Ersatzforderungen können von den Leistungen mit bis zu 30 % des Bedarfs einbehalten werden. Man sollte also seine Arbeit nicht aufgeben, um Bürgergeld zu beziehen.
Ist unser Sozialstaat zu teuer?
Nein, der Anteil des Bürgergeldes am Sozialbudget beträgt nur 3,9 Prozent der Gesamtsumme. Zwar ist das Sozialbudget ist im vergangenen Jahr erneut auf 1.178,5 Milliarden Euro gestiegen. Das ist sehr viel Geld, das zum größten Teil von Bürger:innen und Arbeitgeber:innen aufgebracht wird.
Allerdings entfällt der größte Teil des Sozialbudgets mit über 80 Prozent auf die sozialen und privaten Sicherungssysteme, die Renten-, Kranken- und Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherungen, die Sicherungssysteme für Beamte, die betriebliche Altersversorgung und die Versorgungswerke der Freien Berufe.